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Ein kleiner Einblick in unsere Forschung über das Thema der Urbanisierung und dem Winterschlaf von Igeln

2. Mai 2022 11:34 von DeRareVos

Urbanisierung

Urbanisierung beschreibt den Prozess der Ausdehnung städtischer Gebiete sowie einen Anstieg der Bevölkerung in Städten. Dabei kann der Ausdruck „städtisches Gebiet“ sowohl eine dicht besiedelte Stadt meinen, als auch einen eher spärlich bebauten Vorort beschreiben. Das macht es schwer, die Urbanisierung in Zahlen auszudrücken. Eine gängige Methode hierfür, ist die Gegenüberstellung des prozentualen Anteils der Fläche, die mit Beton oder Asphalt bedeckt ist (sogenannte versiegelte Fläche) und nicht bebauter Grünfläche. Generell gilt: Je höher der Anteil an versiegelter Fläche, desto dichter – oder urbanisierter – ist die Stadt.


Abbildung 1: Zeigt einen Urbanisierungsgradienten. Links dargestellt sind Orte mit spärlicher Bebauung und wenig versiegelter Fläche. Rechts sind Orte mit dichter Bebauung und viel versiegelter Fläche gezeigt. Der Anteil der versiegelten Fläche korreliert oft umgekehrt mit der Menge an Grünfläche (sprich: je versiegelter, desto weniger Grünanteil und umgekehrt). Originalbild © www.vecteezy.com, Linear City von Vectorbox Studio.

Eine wichtige Frage, die Städteökologen beschäftigt, ist, ob und wie sich Urbanisierung auf Tiere auswirkt. Eine perfekte Tierart für solche Untersuchungen sind dabei die Igel. Igel sind weit verbreitet, leicht erkennbar und wir wissen bereits viel über sie. Außerdem halten sie im Winter Winterschlaf, und besitzen somit eine Eigenschaft anhand derer, mögliche Veränderungen leicht feststellbar sind. Zu guter Letzt, sind Igel allgemein sehr beliebt und die Sendung „Igel in Bayern“ des LBV (Landesverband für Vogelschutz) hat gezeigt, dass viele Menschen gerne dabei helfen, Daten über Igel zu sammeln, um mehr über die possierlichen Tiere zu erfahren. Da sowohl der LBV als auch BAYSICS daran interessiert sind, wie sich die Urbanisierung auf verschiedene Tiere auswirkt, haben sich die Forscher für diese Fragestellung zusammengeschlossen. Dabei ist jedoch klar: Ohne die Hilfe der engagierten Bürger (sog. citizen scientists), die unser Projekt unterstützen und unterstützt haben, indem sie Sichtungen von Igeln melden, würde unsere Forschung viel langsamer voranschreiten. Daher soll dieser Beitrag sowohl einen kleinen, informativen Einblick in das Thema geben, als auch eine Bitte an Sie sein, liebe Leser, uns bei weiteren Untersuchungen zu helfen.

Zu welcher Zeit im Jahr finden wir Igel und in welcher Jahreszeit verschwinden sie wieder?

Diese Frage beschäftigt Ökologen schon seit geraumer Zeit. Im Moment haben wir gute Vorstellungen davon, wann Igel Winterschlaf halten. Die Winterschlafzeiten können jedoch je nach Klima und physischer Umgebung der Tiere variieren. Hier kommen Städte ins Spiel: Innerhalb der Umgebung, in der sie sich befinden, schaffen Städte ihr eigenes Mikroklima und können sich in ihren (a-)biotischen Faktoren sehr von ihrer Umgebung unterscheiden. Folglich ist es sehr wahrscheinlich, dass Städte den Winterschlaf der Igel beeinflussen und damit auch wann und wo Menschen sie zu Gesicht bekommen. Obwohl Igel üblicherweise vom Frühjahr bis zum späten Herbst beobachtet werden, haben wir uns auf die ersten und letzten 50 Beobachtungen eines Jahres in unterschiedlichen Regionen konzentriert. Dadurch sieht man auf einen Blick, wann Igel im Jahr aktiv werden (sprich, wann sie aufwachen) und wann sie mit dem Winterschlaf beginnen.


Abbildung 2: Die Verteilung der ersten und letzten 50 Igelbeobachtungen jeweils von 2016-2020, die dem LBV-Portal „Igel in Bayern“ gemeldet wurden. Die vertikalen, gestrichelten Linien zeigen das durchschnittliche Datum der ersten (links) und letzten (rechts) Beobachtung. Von oben nach unten nimmt der Verstädterungsgrad zu, eingeteilt in 20 % Prozent Schritte. Die x-Achse beschreibt den Tag des Jahres. Das kleine Diagramm rechts zeigt, wie viele Beobachtungen von lebenden Igeln normalerweise das ganze Jahr über berichtet werden und an welchem Tag im Jahr die Igel gesehen wurden.

Es zeigt sich, dass vor allem in den beiden höchsten Versiegelungsstufen (roter und dunkelgelber Graph in Abb. 2) – sprich der höchsten Urbanisierung – die ersten Igel zu Jahresbeginn tendenziell später gesichtet werden und zum Jahresende früher verschwinden. Die aktive Periode der Igel scheint somit vor allem in den dichter besiedelten Gebieten kürzer zu sein. Ein weiterer Unterschied zwischen sehr verstädterten Gebieten und ländlicheren Gegenden fällt jedoch ins Auge. In städtischen Gebieten werden generell so wenig Igel beobachtet, dass es starke Überschneidungen zwischen den ersten und letzten 50 Beobachtungen des Jahres gibt. Der Unterschied in der Anzahl der gemeldeten Beobachtungen ist auffallend groß.

Der Unsicherheitsfaktor Mensch bei der Tierbeobachtung

Jahreszeit in ländlichere Gegenden um besser Nahrung zu finden. Jedoch könnte die tatsächliche Geschichte ganz anders aussehen. Bei sämtlichen Projekten, in denen Tierdaten von der Öffentlichkeit gesammelt werden, können wir nicht nur etwas über die Tiere, sondern auch über die Menschen, die an den Programmen teilnehmen, lernen. Das kann aber auch zu einem Problem bei dieser Art von Analysen werden. Es ist nicht genau klar, ob weniger Igelmeldungen eingehen, weil weniger Menschen in städtischen Gebieten an dem Programm teilnehmen und somit Igel nicht melden, oder ob es schlicht weniger Igel in den Städten gibt. Es ist schwierig zu unterscheiden, ob Tiere in bestimmten Gebieten seltener gesichtet, oder weniger gemeldet werden. Wenn es insgesamt viele Beobachtungen über einen langen Zeitraum gibt, wird dieser Effekt durch die schiere Anzahl von Meldungen abgemildert. Gibt es jedoch nur wenige Beobachtungen von einem Tier, wird die Verzerrung umso deutlicher. In den Gebieten in Bayern, die am dichtesten besiedelt sind, können wir deshalb mit unserer Analyse nicht sicher sagen, ob Igel längere Winterschlafzeiten halten, oder ob die Menschen weniger oft Igel melden. Hier ist ganz klar Ihre Hilfe gefragt! Wenn uns mehr Menschen melden, wann und wo sie Igel sehen, können wir zuverlässigere Aussagen über die Auswirkung der Urbanisierung auf den Winterschlaf von Igeln treffen.

Unsere Mission

Wir hoffen sehr, dass Ihnen dieser Beitrag einen kleinen Einblick in mögliche Auswirkungen der Urbanisierung auf Igel gegeben hat und dass Sie uns zukünftig dabei helfen, mehr Informationen zu sammeln. Der Winterschlaf der Igel, ist dabei nur eines von mehreren Themen, über die wir mehr herausfinden wollen. Wir hoffen darauf, weitere Untersuchungen durchführen zu können, um uns und Ihnen mehr faszinierende und wichtige Einblicke zu verschaffen. Nicht vergessen, Sie können uns dabei helfen, indem Sie Igel, die Sie sehen, auf dem LBV-Portal „Igel in Bayern“ (https://www.igel-in-bayern.de/) oder dem BAYSICS-Portal (https://www.portal.baysics.de) melden. Wenn sie sich über unsere anderen Forschungsprojekte zu Tieren, Pflanzen, Pollen und der Bergregion informieren möchten, finden sie ebenfalls auf dem BAYSICS-Portal alles Wissenswerte. Besonderer Dank gilt sowohl BAYSICS als auch dem LBV für die Ermöglichung dieser Untersuchungen.



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