Baum 4.0
Der vernetzte Baum

Hintergrund

Bäume sind Lebewesen, derenWachstum und Vitalität stark von den lokalen Umweltbedingungen von Boden und Klima (also dem lokalen Standort) abhängen. Für das menschliche Auge sind die Veränderungen vonWachstum und Vitalität aufgrund der sehr langsamen Veränderung am Baum nur schwer zu erfassen. So können starke Stressereignisse wie etwa Trockenheit erst oft sehr spät mit dem Auge, z.B. durch welke oder verfärbte Blätter, beobachtet werden. Änderung imWachstum kann erst durch exakte Messungen über mehrere Zeitpunkte festgestellt werden. Um diese feiner und früher messen zu können, können Bäume mit speziellen Sensoren, ähnlich einer medizinischen Intensivstation, überwacht werden. So können wir den Effekt von im Klimawandel gehäuften Ereignissen wie z.B. Dürre und großer Hitze direkt in Echtzeit am Baum beobachten.

augsburg krone baum 4.0
Abb. 1: Baum 4.0 "Jakob" in Augsburg.
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Abb. 2: Abdeckung zum Schutz des Saftflusssensors.

Die Idee des vernetzten Baum 4.0

Angelehnt an den Begriff „Industrie 4.0“ wurden 4 Bäume in Bayern an 4 Standorten mit Sensoren vernetzt und können rund um die Uhr über das Internet überwacht werden. Die Sensoren erfassen dabei denWassertransport undWachstum sowie die Blatttemperatur am Baum. Neben diesenWerten werden zusätzlich Informationen über die Feuchte und Temperatur im Boden, als auch meteorologische Parameter* und Bilder über eine Kamera* erfasst. Mit diesen Messwerten kann dann in Echtzeit beobachten werden, wie sich Veränderungen im Boden oder im Klima/Wetter auf den Baum auswirken. *nicht an jedem Baum vorhanden

Ein vernetzter Baum besteht also aus den folgenden Komponenten:

  • Sensoren mit Kabeln
  • Datenerfassung und Datenübertragung
  • Stromversorgung
  • Mast und Gehäuse
Solarpanel am Baum in Augsburg
Abb. 3: Baum 4.0 „Jakob“ in Augsburg. An der Laterne ist die Stromversorgung per Solarpanel, die Datenerfassung und - übertragung über LTE sowie die Webcam befestigt. Am Baum (dahinter) sind die einzelnen Sensoren installiert.

Wie wird der Baum mit Sensoren überwacht?

Dendrometer

Der Dendrometer misst den Zuwachs des Baumes, kann aber auch die täglichen Schwankungen durch das Quellen und Schwinden des Holzes erfassen, welche abhängig vomWassergehalt im Stamm sind.

Dendrometer am Baum
Abb. 4: Dendrometer befestigt am Baum
Dendrometer
Abb. 5: Dendrometer

Hierzu wird ein Metallseil um den Stamm gespannt und mit dem Sensor verbunden. Beim Zuwachs oder Quellen wird das Seil gespannt wodurch ein gefederter Stift stärker in den Sensor gedrückt wird. Beim Schwinden des Stammes, z.B. tagsüber bei hohenWasserverbrauch, in Dürrephase oder auch im Winter, entspannt sich das Seil. Der gefederte Stift bewegt sich aus dem Sensor. Dadurch, dass die Änderung des Stiftes sehr exakt ( m Bereich) gemessen werden kann, können detaillierte Aussagen überWachstum des Baumes und dessen Reaktion auf unterschiedlicheWasserverfügbarkeit getroffen werden.

Saftflusssensor

Wasser wird im Stamm einerseits in Zellen gespeichert aber auch von derWurzel zum Blatt transportiert. Dies geschieht über spezielle Zellen auch Leitbündel genannt. Die transportierte Wassermenge bzw. derWasserverbrauch des Baumes, kann durch die Messung des Saftflusses bestimmt werden.

Saftflusssensor
Abb. 6: Saftflusssensor

Um denWasserfluss erfassen zu können, benötigt man einen Saftflusssensor. Dieser besteht aus zwei Temperaturfühlern die ca. 2 cm Tief mit einem senkrechten Abstand von ca. 10 cm in den Stamm gebohrt werden. Der obere Temperaturfühler wird dabei immer beheizt, wohingegen der untere die Stammtemperatur misst. Je stärker der Wasserfluss ist, desto mehrWärme wird von der beheizten Messstelle abtransportiert und desto kleiner ist der Temperaturunterschied zur unbeheizten Messstelle. Um den Wassertransport berechnen zu können wird nun der höchste Temperaturunterschied genommen. Als Nullpunkt wird der Zeitpunkt (meistens in der Nacht) an dem kein Wassertransport stattfindet verwenden. Mit speziellen Gleichungen kann dann die transportiere Wassermenge alle 30 Minuten ermittelt werden.

Saftflusssensor
Abb. 7: Saftflusssensor am Baum

Blatttemperatursensor

Blatttemperatursensor
Abb. 8: Blatttemperatursensor

Der Blatttemperatursensor besteht aus zwei sehr kleinen Temperaturfühlern. Hierbei berührt einer die Blattunterseite und einer direkt die Luft. Beide Sensoren sind so ausgewählt, dass sie sehr exakt und vergleichbar messen, wodurch die Temperaturdifferenz zwischen Blatt und Luft bestimmt werden kann.

Warum ist dies wichtig?

Das Blatt ist der Ort am Baum, an dem die Fotosynthese stattfindet und der Baum CO₂ in Zucker umwandelt. Zur CO2 Aufnahme hat das Blatt Spaltöffnungen (Stomata), wodurch aber auchWasser aus dem Blatt verdunsten kann. Dieser Verdunstungsprozess kühlt das Blatt ab, was dazu führt, dass es etwas kühler ist, als die Umgebungsluft. Im Falle einer schlechtenWasserversorgung schließt das Blatt die Spaltöffnungen und das Blatt wird durch die Sonne stärker erwärmt und ist dann wärmer als die Umgebungsluft. Somit kann die Blatttemperatur Aussagen über den akuten Trockenstress geben. Zusätzlich erfassen wir über weitere Sensoren die Bodentemperatur und Bodenfeuchte. Die meteorologischenWerte werden mit eigenen Stationen oder über die Stationen des Deutschen Wetterdienstes aufgenommen.

Was passiert mit den Sensordaten?

Die Sensordaten werden mit einem Datenlogger perWIFI oder Mobilfunk auf unserenWebserver übertragen. Dort werden die Daten täglich automatische verarbeitet und dann auf unsererWebseite dargestellt. Dies ermöglicht jede*n, der interessiert ist, diese zu betrachten. Zusätzlich verarbeiten unsereWissenschaftler*innen die Daten weiter und stellen diese z.B. für Seminararbeiten oder studentische Abschlussarbeiten, aber auch anderen Interessierten zu Verfügung.

In der Zukunft sind auch Jahresrückblicke für die jeweiligen Bäume geplant.

Welche Bäume werden beobachtet und wo stehen diese?

Wir beobachten an den Standorten Augsburg, Eichstätt und München je eine Buche und in Berchtesgaden einen Bergahorn, da hier keine Buche vorhanden war.

Standorte Baum 4.0
Abb. 9: Standorte der Bäume in Bayern

Durch die Streuung über eine größere Fläche können regionale Klimaunterschiede beobachtet werden und es besteht, verglichen zu einem einzelnen Standort, die Chance mehr Stressereignisse zu erkennen.

Die Standorte wurden einerseits wegen ihrer Infrastruktur aber auch hinsichtlich ihrer Nähe zur Bevölkerung oder speziellen Gruppen (Studierenden / Schüler*innen) ausgewählt, damitWissenschaft auch Vorort erlebt werden kann.Wir haben außerdem unseren Bäumen Namen gegeben, um einen regionalen Bezug zu schaffen. So sollen diese auch bei Twitter und anderen sozialen Plattformen über ihre Aktivität sowie lokale Neuigkeiten berichten.

Folge uns gerne auf Twitter:

@baum4null

Welche Unsicherheiten gibt es?

Unserer Sensoren sind in der freien Natur vielen unterschiedlichen Bedingungen ausgesetzt. Dies führt hin und wieder zu Ausfällen der Sensoren, so beißt manches Nagetier gerne Kabel oder ein starker Sturm reißt einen Sensor vom Blatt. Manchmal vergehen bis zur Reparatur einige Tage, wodurch es zu fehlenden Messwerten kommen kann. Dies lässt sich bei Freilandmessungen nicht verhindern und muss anschließend in der Datenauswertung berücksichtigt werden.

Wie kann ich mich an der Forschung beteiligen?

Unserer Bäume sollen in erster Linie den Bürger*innen wissenschaftliche Messung live vor Ort zeigen und ihnen somit ein Gefühl für das Lebewesen Baum geben.

Wir bieten jedoch Schüler*innen Fragestellungen an, welche sie im Rahmen ihres Wissenschaftseminares mit den Daten unseres Baum 4.0 beantworten können. Außerdem haben wir in unserem Portal einen Bereich geschaffen, in welchen die Schüler*innen ihre Ergebnisse und Erkenntnisse vorstellen können.

Ansonsten freuen wir uns auf regelmäßige Besuche auf unserer Baum 4.0 Seite und rege Teilnahme an unseren anderen Mitmachprojekten.

Ich will mehr wissen!

Besuche unsere Baum 4.0 Webseite. Hier findest du detaillierte Beschreibungen und Hilfestellungen bei der Dateninterpretation.

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